seltene Fragen

11.04.2014

UKRAINE, KRIM

Antworten auf 10 selten gestellte Fragen:


1. „Warum waren die abzeichenlosen russländischen Sicherheitskräfte und Armeeteile auf der Krim?“


2. „Wer sind diese Leute ohne Abzeichen gewesen und warum waren sie ohne Abzeichen?“


3. „Warum bleibt die UNO-Resolution der Verurteilung der Annexion der Krim durch Russland so folgenlos? Müsste die UNO nun nicht den Abzug der Truppe und stattdessen die Anwesenheit eigener UNO-Blauhelme fordern?“


4. „Wie viele Leute demonstrieren in der Ostukraine und was sind das für Leute?“


5. „Warum fordern die Demonstrantinnen und Demonstranten in der Ostukraine nicht Viktor Janukovyč zurück?“

6. „Was ist das Ziel der russländischen Regierung?“

7. „Wird es eine zweite, diesmal soziale Explosion in der Ukraine geben, diesmal aus wirtschaftlichen Gründen?“


8. „Warum macht man sich bei Vereinbarungen zwischen der EU und der Ukraine Sorgen um die Reaktion der russischen Regierung – nicht aber bei Vereinbarungen zwischen der EU und Russland Sorgen um die Reaktion der ukrainischen Regierung?“


9. „Warum ist Putin eigentlich in Deutschland rechts wie links so beliebt?“


10. „Warum macht eigentlich die Zivilgesellschaft in Russland nichts?“

ANTWORTEN
1. „Warum waren die abzeichenlosen russländischen Sicherheitskräfte und Armeeteile auf der Krim?“
Weil die russländischen Streitkräfte dafür sorgen sollten, dass die Krim von Russland annektiert wird, dies aber verschleiert werden sollte. Für „Selbstverteidigungskräfte“ auf der Krim wäre die russische Regierung nicht verantwortlich (gewesen). Allerdings haben Angehörige dieser „Selbstverteidiger“ auf Anfragen von Journalisten mitunter durchaus zugegeben, dass sie zur russländischen Armee gehören.
nach oben

2.
„Wer sind diese Leute ohne Abzeichen gewesen und warum waren sie ohne Abzeichen?“

Auf der konkreten Ebene wollten sie nicht den Eindruck erwecken, dass sie für eine ausländische Macht kämpfen. Angeblich gehörten sie Selbstverteidigungskräften (самооборона) auf der Krim an; Journalisten gegenüber haben sie, wenn sie sich überhaupt äußerten, zugegeben, dass sie einem russischen Kommando unterstellt waren (dazu gibt es ein Video). Auf der abstrakten Ebene ist hier ein Tabubruch erfolgt, weil ein staatlicher Akteur Partisanenmethoden angewandt hat. Es gibt dann auch entsprechend niemanden, den man wegen seines Verhaltens verklagen kann.
nach oben

3.
„Warum bleibt die UNO-Resolution der Verurteilung der Annexion der Krim durch Russland so folgenlos? Müsste die UNO nun nicht den Abzug der Truppe und stattdessen die Anwesenheit eigener UNO-Blauhelme fordern?“

Die Resolution der UNO-Vollversammlung vom 27. März hat wie alle derartigen Resolutionen keine Verbindlichkeit. Dennoch sollte diese Forderung erhoben werden, auch wenn ihre Verwirklichung nicht einfach ist.
nach oben

4.
„Wie viele Leute demonstrieren in der Ostukraine und was sind das für Leute?“

Es sind nicht viele, und teilweise handelt es sich um „Touristen“ aus Russland. In den sozialen Netzen und den Medien wurden häufig identische Personen gezeigt, die an ganz verschiedenen Orten zu gleicher Zeit auftraten und ihre Unterdrückung als Russen oder russischsprechende Ukrainer beklagten (also offensichtliche Montagen, fakes). Das allein bedeutet noch nicht, dass die Bevölkerungsmehrheit bei der Ukraine bleiben will. Frühere Umfragen haben allerdings ergeben, dass die Mehrheit sich zur Zugehörigkeit zur Ukraine bekennt.
nach oben

5. „Warum fordern die Demonstrantinnen und Demonstranten in der Ostukraine nicht Viktor Janukovyč zurück?“

Weil selbst die russlandorientierten ukrainischen Staatsbürger ihn nicht haben wollen, nicht zuletzt, weil er korrupt war. Etwa in Donezk hatte Janukovyč auch unter denen, die den Majdan nicht unterstützten, kaum noch Anhänger (es gab natürlich auch in Donezk Unterstützung für den Majdan, sie waren auch in Kiew auf dem Majdan vertreten).

Die Forderung nach Wiedereinsetzung von Janukovyč ist auf Kundgebungen schon aufgetaucht.
nach oben

6.
„Was ist das Ziel der russländischen Regierung?“

Dass die Ukraine sich nicht für EU (und evtl. NATO) entscheidet, sondern im Einflussbereich Russlands verbleibt und möglichst Mitglied einer eurasischen Union als Gegenmodell zur EU wird. Die russländische Regierung destabilisiert dazu – wie schon vorher Georgien und Moldawien – die Ukraine, und setzt darauf, dass die NATO kein Interesse hat, derart instabile und politisch gespaltene Länder aufzunehmen.
nach oben

7.
„Wird es eine zweite, diesmal soziale Explosion in der Ukraine geben, diesmal aus wirtschaftlichen Gründen?“

Wir wissen es nicht. Aber wir wissen, dass alles Erdenkliche getan werden sollte, damit es dazu nicht kommt. Das sollten auch die ukrainischen Oligarchen wie z.B. Petro Poroschenko oder die Gouverneure von Dnipropetrovs’k und Char‘kiv begreifen.
Auch internationale Institutionen wie der IWF sind hier gefragt. Unterstützung darf nicht an allzu rigorose Sparmaßnahmen gebunden werden, die große Bevölkerungsteile der Ukraine in die Armut treiben würden (Massenentlassungen, massive Preiserhöhungen usw.).
nach oben

8.
„Warum macht man sich bei Vereinbarungen zwischen der EU und der Ukraine Sorgen um die Reaktion der russischen Regierung – nicht aber bei Vereinbarungen zwischen der EU und Russland Sorgen um die Reaktion der ukrainischen Regierung?“

Das ist eine Machtfrage. Weil Russland Atomraketen, Öl und Gas hat.
nach oben

9.
„Warum ist Putin eigentlich in Deutschland rechts wie links so beliebt?“

Zum Beispiel weil er Snowden vorübergehend Asyl gegeben hat, weil er nicht vor den USA kuscht (das betrifft zumeist linke Kreise; soweit es ein antiamerikanischer Reflex ist, aber auch rechte) und weil er auf der Krim militärisch so erfolgreich war – nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Seine Selbstdarstellung als Macho und sein imperiales Auftreten dürften eher rechten Kreisen imponieren.
In Deutschland ist ein zunehmender Mangel an Freiheitsbewusstsein und Wertschätzung für die Demokratie und ihre Institutionen zu verzeichnen, ebenso wie ein nur noch schwach ausgeprägtes Bewusstsein für die Gefahren autokratischer und diktatorischer Herrschaft.
nach oben

10.
„Warum macht eigentlich die Zivilgesellschaft in Russland nichts?“

Das ist ein falscher Eindruck. Es hat ständig Protestkundgebungen gegeben, gerade auch vor dem sogenannten Krim-„Referendum“. Allerdings wird in den deutschen Medien nur von den ganz großen Aktionen (also der Kundgebung von ca. 50.000 Personen in Moskau) berichtet. Die Proteste in anderen Städten und kleinere Proteste oder Einzelmahnwachen (die nicht angemeldet werden müssen) an anderen Tagen finden in den Medien viel zu wenig Berücksichtigung.
Berichtet wurde hier von der Entlassung des Historikers A. Zubov (Mitarbeiter des MGIMO), der in den „Vedomosti“ die Krim-Annexion scharf kritisiert hatte. Es hat gegen diese Entlassung eine Wellte von Protesten, Unterschriftensammlungen usw. gegeben; eine weitere Mitarbeiterin des MGIMO hat aus Protest gekündigt und bei ihrer letzten Vorlesung den Studenten ihre Position erklärt (wofür sie lang anhaltenden Applaus erhielt).
nach oben

siehe auch: häufige Fragen

V.i.S.d.P. Initiative Demokratische Ukraine, c/o Vera Ammer, Mönchstraße 42, 53881 Euskirchen, kontakt@stopfake.de
Mehr über die Initiative Demokratische Ukraine: http://stopfake.de/ueber-uns/