Mariana Sadovska: Eindrücke aus Mariupol‘

28. März 2015

Mariana Sadovska. Frühlingreise durch die Städte der Ostukraine. Eindrücke aus Mariupol.

Ich bin wieder zurück aus Mariupol, einer Stadt am Asowschen Meer. Hier leben in erster Linie Menschen mit griechischen Wurzeln, die Katarina II.von der Krim zwangsumgesiedelt hat, und russischsprachige Ukrainer. Dazu kommen zur Zeit 17.000 Flüchtlinge aus Donezk, Gorlivka, Makijivka und Luhansk. (Außerdem ca. 60.000 Flüchtlinge, die hin und her pendeln, weil sie sich weiterhin um kranke und/oder alte Eltern und Verwandte in den sogenannten Volksrepubliken von Donezk und Luhansk kümmern; sie transportieren dringend benötigte Alltagsgegenstände und Geld).
Mariupol ist eine Hafenstadt, die durch ihre Lage zwischen Donezk und der Krim ein wichtiger strategischer Punkt ist, wie man schon in deutschen Nachrichten hören konnte.

Diese Stadt hat 2 Universitäten und 2 riesigen Monsterfabriken, von der eine städtisch ist, die andere ist im Besitz des Oligarchen Achmetov. Es ist eine Stadt mit zerstörter Ökologie, und trotzdem eine Urlaubsstadt, deren schönste Strände gerade aufgrund des Baus des Verteidigungssystems zerstört wurden. Ich habe hier sogar ethnische Deutsche getroffen, die vor hunderten von Jahren von der Krim hierhin umgesiedelt wurden. Einige Ethnographen aus Deutschland waren schon bei ihnen, um traditionelle deutsche Lieder, die in Deutschland vergessen waren, zu sammeln.

Seit September leben die Bewohner dieser Stadt täglich in Erwartung eines Großangriffs der russländischen Armee (hier hat man keine Zweifel darüber). Diese Stadt ist jetzt fast von der Ukraine abgeschnitten – denn weil die Zugbrücke zerstört wurde, gibt es keine Zugverbindung mehr. Man kann nur bis ins 80 km entfernte Berdniansk anreisen, und danach mit dem Auto entlang vieler Straßensperren nach Mariupol reisen. 20 km entfernt von Mariupol liegt das Dorf Shyrokino, das derzeit unter schweren Kämpfen steht.
Ich habe versprochen, einen kurzen Bericht zu schreiben- und das werde ich auch versuchen.

Ich will nur sagen, dass hier und auch in der griechischen Kleinstadt Sartana, (wo im Oktober die Minen eines GRAD-Beschusses eine Beerdigungsprozession getroffen hat), und auch im Dorf Volnovacha, (wo im Januar ein Passagierbus unter Beschuss genommen wurde, wodurch mehr als 30 Zivilisten getötet wurden), dass überall hier Menschen leben, Familien und Kinder. Trotz allem.

Hier leben Menschen, gehen zur Arbeit, auch ohne Bezahlung, die Studenten gehen zu Uni, die Kunst Schule funktioniert und Kinder üben mit ihren Musikintrumenten, malen, lernen Ballett und lernen traditionelle griechische Instrumente, Spielplätze sind voll mit spielenden Kindern. Sogar in Cafés und Restaurants trifft man Menschen. Sie sind nicht voll, aber sie sind auch nicht geschlossen.

Der einzige Unterschied zum normalen Leben ist: überall das Verstecken vor dem Beschuss und Instruktionnen, was während eines Artilleriebeschusses zu tun ist… und die Müdigkeit, die man spürt, wenn man sich mit die Leuten unterhält. Müdigkeit und die Ungewissheit.

Das Leben geht hier weiter und nach jedem unserer Auftritte bleiben Leute lange, und fragen, was die „normalen Menschen in Deutschland“ über die Situation hier denken…

Und das, was ich wieder und wieder gehört habe – von jungen Leuten und von älteren Männern und Frauen: lasst uns hier nicht alleine. Lasst uns nicht zurück. GEBT UNS NICHT AUF!